1. Lesung - Novellierung Tierschutzgesetz

27.09.2024

Bundestagsrede Nr. 39

Frau Präsidentin!

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Verehrte Gäste! Ich gratuliere!

 

Mit dem nun vorliegenden Gesetzentwurf ist es Ihnen gelungen, absolut jeden, aber wirklich jeden, der sich mit Haltung, Zucht oder Verkauf von Heimtieren, Nutztieren und Wildtieren beschäftigt, gegen sich aufzubringen.

Drei Jahre lang Ankündigungen, Versprechen und Hoffnung. Im Ergebnis: Verunsicherung und Frustration bei allen Beteiligten.

Natürlich sehen auch wir in einzelnen Punkten Verbesserungsbedarf, zum Beispiel bei der besseren Kontrolle des Onlinehandels. Aber hier wie auch bei Fragen des Tierhandels und Transports brauchen wir gemeinsame europäische Regeln. Nationale Alleingänge helfen keinem einzigen Tier.

Ich finde, Deutschland hat bereits eines der weltweit besten Tierschutzgesetze. Außerdem will ich hier auch mal deutlich feststellen: Die meisten Tierhalterinnen und Tierhalter in Deutschland gehen mit ihren Tieren sorgsam um.

Dieser Gesetzentwurf, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ist vollkommen überzogen,

  • zum Beispiel bei der Reduzierung der nichtkurativen Eingriffe. Das ist vielleicht gut gemeint, geht aber an der Praxis völlig vorbei. Damit nehmen Sie großes Tierleid in Kauf, zum Beispiel durch den Befall von Fliegenmaden an nicht kupierten und deshalb verkoteten Schwänzen von Lämmern und Schafen.
  • Auch das Ausstellungs- und Werbeverbot für Tiere mit Qualzuchtmerkmalen: Gut gemeint, aber praxisuntauglich. Die vorgesehenen Fristen erscheinen völlig willkürlich und für die meisten Tierarten absolut unrealistisch. So laufen wir Gefahr, unsere Tierzucht ins Ausland zu verdrängen. Damit verlieren wir jegliche Kontrolle und öffnen den kriminellen Tiervermehrern Tür und Tor.
  • Darüber hinaus scheint mir der Bürokratieaufwuchs der rote Faden dieses Entwurfs zu sein: Auflagen über Auflagen, Erhöhung des Straf- und Bußgeldrahmens, nochmals zusätzliche Dokumentationspflichten für die Schweinehalter, ein durch Rechtsunsicherheiten hervorgerufener und noch dazu völlig überzogener Kontrollzwang für Zuchtausstellungen und Veranstaltungen usw.

Diese Liste könnte ich endlos fortführen.

Woher sollen das Personal, woher sollen die zeitlichen und finanziellen Kapazitäten eigentlich kommen? Konzentrieren Sie sich doch lieber auf effektiven und wirksamen Tierschutz! Sie könnten damit beginnen, die allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des jetzigen Tierschutzgesetzes zu überarbeiten.

Und nicht zu vergessen ist der finanzielle Aufwand für unsere Wirtschaft.
Das Ministerium spricht von einmalig rund 900 Millionen Euro Erfüllungsaufwand. Hinzu kommen noch mal 100 Millionen Euro pro Jahr. Das trifft im Wesentlichen übrigens unsere Landwirtschaft.

Gestern im Ausschuss sprach Minister Özdemir davon, keine zusätzlichen Belastungen für die Landwirtschaft zu wollen. Wie bitte passt das alles zusammen?

Verehrte Kolleginnen und Kollegen der Ampel, ich erinnere Sie gerne daran:

Es war der Kollege Hocker aus der FDP-Fraktion, der ein Auflagenmoratorium für die Landwirtschaft versprach.
Und es war Finanzminister Lindner, der den demonstrierenden Bäuerinnen und Bauern den Abbau von Bürokratie zusagte. Deshalb appelliere ich an Sie, in besonderem Maße aber an die FDP-Fraktion: Zeigen Sie Haltung!
Stehen Sie zu Ihrem Wort! Sehen Sie von nationalen Alleingängen ab, und schaffen Sie vor allem kein neues Bürokratiemonster!

Dass die Beratungen noch ausreichend Verbesserungen ergeben, da habe ich so meine Zweifel.

Ehrlich gesagt, wäre es am besten, Sie zögen diesen Gesetzentwurf zur Gänze zurück.

Vielen Dank.

 

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