Keine Rechtfertigung für Fischereiverbote in den Schutzgebieten der AWZ

28.04.2016

Klaus Jensen: Keine Rechtfertigung für Fischereiverbote in den Schutzgebieten der AWZ

Ich begrüße ausdrücklich, dass die FDP durch diesen Antrag ein
fischereipolitisches Thema, ja einen Konflikt, an das Licht der
Öffentlichkeit bringt, das bisher jedenfalls nur in Fachkreisen und
Verbänden diskutiert wird. Allerdings greift er meines Erachtens ein Stück
zu kurz, ich komme später darauf zurück.
Worum geht’s?
Die Bundesumweltministerin plant auf Grundlage von EU-Rahmenrichtlinien
bestehende Natura-2000-Gebiete in der deutschen Ausschließlichen
Wirtschaftszone (AWZ) von Nord- und Ostsee als Naturschutzgebiete rechtlich
zu sichern. Das hat zur Folge, dass erhebliche Bereiche der fischereilichen
Nutzung entzogen werden sollen. Betroffen ist nicht nur die gewerbliche
Krabbenfischerei in der Nordsee, sondern unter anderem auch die
Freizeitfischerei in der Ostsee. Dies wird damit begründet, dass die
negativen Auswirkungen auf die Arten und Lebensräume der Meere minimiert
werden sollen.
Nun reden wir ja heute nicht zum ersten Mal davon, dass die Fischerei in
ihren Möglichkeiten eingeschränkt werden soll. Die Tatsache, dass nicht nur
der Fischereiverband, sondern auch die Freizeitfischer, die Angler, die
Sportfischer, der Nautische Verein und die Schutzgemeinschaft Deutsche
Nordseeküste (SDN), sich große Sorgen machen um die familienbetriebene
Krabbenfischerei oder das auch für den Tourismus wichtige Hochseeangeln. Das
sollte uns zu denken geben.
Hier darf nicht eine ganze Branche unter Generalverdacht genommen werden,
der Natur, dem Meer, Schaden zuzufügen. Viele fühlen sich ja - im Gegenteil
- dem Schutz von Nord- und Ostsee verpflichtet.
Als Begründung wird der – ich sage jetzt bewusst – vermeintlich ungünstige
oder sogar schlechte Erhaltungszustand relevanter Arten und Lebensräume ins
Feld geführt. Es ist für mich schwer vorstellbar, dass die eben angeführten
verschiedenen Nutzungen für ein solch negatives Ergebnis – so es denn
belastbar ist – verantwortlich sein sollen. Hier ist in meinen Augen noch
erheblicher Informationsbedarf.
Die Landesregierung hat in ihrer Stellungnahme zu den Verordnungsentwürfen
ebenfalls ausgeführt, dass sie die pauschalen Verbote von Freizeitfischerei
sowie Aquakultur – von mir bisher noch nicht genannt – ebenfalls ablehnt,
weil damit das Prinzip der Verhältnismäßigkeit verletzt wird, dass sie
„weder erforderlich, geeignet noch angemessen sind“.
Da offensichtlich auch der Landesregierung in Teilen (z. B. bei der
Freizeitfischerei) keine Daten zu Störungen vorliegen, gibt es für
„vorsorgliche Verbote keinerlei Rechtfertigung und Notwendigkeit“.
Die kommunal getragene Schutzgemeinschaft Deutsche Nordessküste (SDN) geht
in ihrem Schreiben an das Bundesumweltministerium vom 21. März diesen Jahres
noch auf zwei Punkte ein, die ich hier ansprechen möchte.
- Erstens wird auf die vorgesehen Sperrung großer Bereiche des „Sylter
Außenriffs“ und des „Borkumer Riffgrund“ für grundberührende  Fanggeräte
(Krabbenfischerei) hingewiesen, obwohl die ausgewiesene Fläche als Riff
deutlicher kleiner ist.
- Zweitens weist sie zu Recht auf die weiteren konkurrierenden Nutzungen in
der AWZ hin, beispielsweise die Offshorewindparks, Sandentnahme oder
militärische Sperrgebiete, die zusätzlich die fischereiliche Nutzung
einschränken.
Ein uns vorliegendes Schreiben des
Bundesumweltministeriums an meinen Fraktionschef versucht die angesprochenen
Probleme zwar zu relativieren. Dies überzeugt mich aber bisher nicht
wirklich.
Ich denke, es ist höchste Zeit, dass wir in der politischen Diskussion die
Bewertungen von Bundes- und Landesebene, aber auch die Hinweise
beispielsweise von SDN und Nautischem Verein zu diesem Thema „aufgreifen“.
Keiner wird sich gegen einen sinnvollen und von wissenschaftlichen
Erkenntnisse getragenen Meeresschutz aussprechen. Aber das muss auch der
Anspruch sein, bevor man in die Nutzungsmöglichkeiten, besonders für unsere
Fischerei, derart eingreift. Vielleicht sollen wir auch den externen
Sachverstand in den Agrar- und Umweltausschuss einladen, um uns ein eigenes
Bild machen zu können. Damit möchte ich zum Ausdruck bringen, dass ich für
meine Fraktion die Ausschussüberweisung beantrage.