Newsletter 15/2019 aus Berlin

18.10.2019

Bundestag gedenkt der Opfer des Anschlages auf die Synagoge in Halle

Der Bundestag hat in dieser Woche der Opfer des Anschlages auf die Synagoge in Halle gedacht. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble forderte, Versäumnisse im Kampf gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus aufzuarbeiten. Am 9. Oktober versuchte der rechtsextremistisch und antisemitisch motivierte Täter mit einem Maschinengewehr in die Hallenser Synagoge einzudringen und ein Blutbad anzurichten. Nachdem ihm dies nicht gelang, erschoss er auf offener Straße zwei Menschen und verletzte zwei weitere Menschen schwer. Bereits am Abend des 9. Oktober nahm Bundeskanzlerin Angela Merkel an einer Solidaritätsveranstaltung an der Neuen Synagoge Berlin teil. Generalbundesanwalt Peter Frank bezeichnete die Tat als Terror. Bundesinnenminister Horst Seehofer möchte etwa 700 weitere Stellen gegen Rechtsextremismus beim Bundeskriminalamt und beim Bundesverfassungsschutz schaffen.

Inhaltlich arbeitete der Bundestag an vielen steuerrechtlichen Beschlüssen. Von großer Bedeutung ist die abschließende Beratung des Grundsteuer-Reformgesetzes. Die Reform der Grundsteuer wurde notwendig, nachdem das Bundesverfassungsgericht im letzten Jahr feststellte, dass die die unterschiedliche Behandlung gleichartiger Grundstücke dem Gleichheitsgrundsatz widerspreche. Künftig wird der Grundbesitzwert am Wert des Bodens, der Höhe der Nettokaltmiete, der Grundstücksfläche, der Immobilienart und dem Alter des Gebäudes ermittelt. Die Kommunen haben damit Planungssicherheit. Die Grundsteuer ist eine ihrer wichtigsten Einnahmequellen. Sie können die Hebesätze individuell anpassen. Die Neuregelung der Grundsteuer wirkt sich auf den Länderfinanzausgleich aus. Die Länder können unabhängig davon auf eine Öffnungsklausel zurückgreifen, wenn sie für ihre Gemeinden ein wertunabhängiges Modell bevorzugen.

Im Rahmen des Klimaschutzprogramms 2030 hat das Bundeskabinett über die ersten steuerrechtlichen Änderungen beraten. Energetische Sanierungsmaßnahmen von selbstgenutztem Wohneigentum werden mit Beginn des nächsten Jahres mit einem Abzug von 20 Prozent der Steuerschuld gefördert. Ab 2021 wird die Pendlerpauschale ab dem 21. Kilometer um 5 Cent auf 35 Cent angehoben. Ab 2020 soll der Umsatzsteuersatz für Ferntickets im Bahnverkehr von 19 auf 7 Prozent sinken. Für Flugtickets wird die Steuer je nach Strecke um rund 6 bis 17 Euro steigen. Zudem sollen Gemeinden einen besonderen Hebesatz auf Sondergebiete für Windenergieanlagen festlegen können.

 

Meine Meinung

Ich bin tief erschüttert über den Mordanschlag in Halle. Es ist nur einem Zufall zu verdanken, dass es nicht noch mehr Opfer gab. Es wäre zu kurz gedacht, das Verbrechen nur als Tat eines fehlgeleiteten Einzelnen zu betrachten. Vielmehr hat sich ein gesellschaftliches Klima herausgebildet, in dem Extremisten von Rechts und Links immer hemmungsloser agieren können. Die Morde von Halle sind Ausdruck einer veränderten politischen Kultur, in der nicht mehr die Debatte zum bestmöglichen Ergebnis führt, sondern in der abweichende Meinungen mit Feindschaft gleichgesetzt werden. Genau das ist es, was unsere liberale Demokratie gefährdet.

In der Zeit des Nationalsozialismus wurden über sechs Millionen Juden systematisch ermordet. Mit dem Grundgesetz und der Gründung der Bundesrepublik Deutschland entwickelte sich eine politische Kultur, die Vertrauen schaffte. Somit kamen Jüdinnen und Juden nach Deutschland zurück. Dieses Vertrauen ist nun tief erschüttert worden. Mehr Geld und mehr Beamte für den Verfassungsschutz, mehr politische Bildung oder mehr Kontrolle gegen Hetze in sozialen Netzwerken sind nicht falsch. Ob es dann aber im Ergebnis weniger Extremismus geben wird, bleibt für mich fraglich. Klar ist, dass wir Antisemitismus nicht tolerieren werden. Wir schulden es allen in Deutschland lebenden Menschen, sie zu schützen. Jeder von uns kann dazu beitragen, indem wir die Würde des Menschen für alle anerkennen, unabhängig von seiner ethnischen Herkunft oder religiösen Überzeugung.

Es ist gut, dass der Bundestag in dieser Woche nun die notwenigen Gesetzesänderungen zur Reform der Grundsteuer beschlossen hat. Unsere Kommunen werden damit schon bald Klarheit über ihre Einnahmen haben. Die Länder können über die Öffnungsklausel die für sie beste Lösung finden. Regionale Verwerfungen zwischen Stadtstaaten und Flächenländern, Ballungszentren und ländlichen Regionen können so verhindert werden. Erstmalig wird das neue Grundsteuerrecht am 1. Januar 2025 angewandt. So bleibt den Ländern und Kommunen genügend Zeit, sich vorzubereiten.

Das Bundeskabinett hat die ersten Gesetzentwürfe zum Klimaschutzprogramm 2030 auf den Weg gebracht. Dem Kabinett gehören die Kanzlerin und die Minister an. Nun werden die Gesetzentwürfe in die parlamentarische Beratung – also in den Bundestag – kommen. Ich freue mich auf die bevorstehende Debatte und darauf, um die besten Klimaschutzlösungen zu ringen.

 

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!