Newsletter 08/2019 aus Berlin

12.04.2019

Die Enteignungsdebatte schadet dem Vertrauen in die Politik

Bundeskanzlerin Angela Merkel stand in dieser Woche zu zahlreichen Themen in einer Fragestunde im Bundestag den Abgeordneten Rede und Antwort. Dabei wurde sie auch auf die steigenden Mieten in Deutschland und die angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt angesprochen. Fehlender Wohnraum ist inzwischen nicht nur in den großen Metropolen, sondern auch im ländlichen Raum zu einem Problem geworden. In Berlin wurden inzwischen über 15.000 Unterschriften für ein Volksbegehren gesammelt. Das Ziel ist die Vergesellschaftung privater Wohnungsunternehmen, die mehr als 3.000 Wohnungen besitzen. Die Vorsitzende der Linken, Katja Kipping, und der Vorsitzende der Grünen, Robert Habeck, haben sich für die Enteignungen von Wohnungseigentümern ausgesprochen. Auf die Frage angesprochen, was die Bundesregierung gegen steigende Mieten tue, erläuterte Angela Merkel ein ganzes Maßnahmenpaket und hob hervor, dass Enteignungen der „falsche Weg“ seien.

Zudem fand im Plenum des Bundestages eine Orientierungsdebatte zu vorgeburtlichen Bluttests statt. Mit Hilfe dieser Tests kann festgestellt werden, ob ein Mensch mit einem Downsyndrom aufwachsen wird. Es ist nun zu entscheiden, ob dieser Bluttest als Leistung der gesetzlichen Krankenkassen anerkannt wird. Das wirft aber eine Reihe von ethischen Fragen auf, die zu beantworten sind.

 

Meine Meinung

Mit einem umfangreichen Paket an Maßnahmen begegnet die CDU-geführte Bundesregierung dem Wohnungsmangel und den steigenden Mieten. Im Herbst 2018 wurde ein Wohngipfel durchgeführt, weil Länder und Kommunen dafür verantwortlich sind, Wohnraum zu schaffen. Die Länder sind jetzt gefordert, im Bundesrat der steuerlichen Förderung des Mietwohnungsbaus zuzustimmen.

Natürlich ist es bedenklich, dass Deutschland den geringsten Anteil selbst bewohnter Eigentumswohnungen in der EU hat. Deshalb haben wir in der Großen Koalition ein Baukindergeld auf den Weg gebracht, um jungen Familien Eigenheime zu ermöglichen. Wir haben außerdem die Mietpreisbremse nachgebessert, Bauplanungen beschleunigt und Geld für den sozialen Wohnungsbau bereitgestellt. Gegen hohe Mieten und fehlende Wohnungen hilft nur Bauen!

Wohnungsunternehmen, denen nun Enteignungen angedroht werden, werden nun schon mit der begonnenen Debatte ihre Aktivitäten reduzieren. In Berlin könnten sie Entschädigungen von bis zu 37 Milliarden Euro fordern – und da wäre noch keine neue Wohnung entstanden. Das Geld für neue Wohnungen käme noch dazu, zuzüglich steuerfinanzierte staatliche Subventionen, wenn die enteigneten Wohnungen nicht verfallen sollen. Das ist aus der Sicht der CDU verantwortungslos.

Ein anderes wichtiges Thema sind die Bluttests zur vorgeburtlichen Feststellung des Downsyndroms. Aus meiner Sicht können wir gar nicht laut und oft genug sagen, dass Menschen mit Behinderungen eine Bereicherung für unsere Gesellschaft sind. Es sind Kinder, die geliebt werden wollen und lieben können. Es sind Menschen, die sogar mit dieser Erkrankung Berufe ergreifen. Rolf Bredlow ist beispielsweise ein bekannter deutscher Schauspieler mit Downsyndrom, der zudem in einer integrativen Werkstatt lebt und in seiner Freizeit malt. Daher sollten wir alles dafür tun, um Eltern zu überzeugen, auch Ja zu einem Kind mit Downsyndrom zu sagen.

In den Ländern, in denen derartige Bluttests finanziert werden, ist die Zahl der Kinder mit Downsyndrom rückläufig. Das ist schade. Ja, es ist anstrengender und aufwändiger, ein geistig behindertes Kind großzuziehen. Aber lebenswertes Leben ist nicht an Effizienz und Leistungsfähigkeit zu bemessen. Eine Finanzierung des Tests durch die Krankenkassen dürfte außerdem auf keinen Fall zu einem Rechtfertigungsdruck der Eltern führen. Ich habe für mich noch keine abschließende Position dazu und werde mich weiterhin mit allen Argumenten auseinandersetzen.